fast jeder von uns hatte schon einmal eine Situation, die ihn schwer belastet hat. Ich auch. Dabei fiel mir ein Erlebnis ein, das schon viele Jahre zurück lag, mir aber bis heute nicht aus dem Kopf geht.

Ein Schweizer und eine Frau aus Ostpreußen unterhielten sich über ihre schlimmsten Erlebnisse im letzten Krieg. Der Schweizer schilderte mit beeindruckenden Worten, wie er 1945 das furchtbare Geheul der Luftschutzsirenen hörte, dessen Geräusch ihm durch Mark und Bein ging. Danach rannte er panisch in einen Luftschutzbunker und verharrte dort vor Angst zitternd viele Stunden.

Ich bin sicher, daß er die Angst so dramatisch erlebt hat, wie er die Situation in allen Einzelheiten geschildert hatte.

Die Frau aus Ostpreußen schwieg und ging etwas später.

Ich kannte sie und wußte, daß sie Ihren Mann und Kinder im Krieg verloren hatte und vor Ihrer Flucht furchtbare Dinge am eigenen Leib erdulden mußte.

Sehr geehrter Herr …, warum erzähle ich Ihnen eine solche Geschichte vor dem Weihnachtsfest?

Es geht mir nicht darum, Ihnen Kriegsgeschichten zu erzählen, deren Zeit die meisten von uns gar nicht mehr erlebt haben. Aber dieses Beispiel hat mir schon einige Male geholfen, mich zu justieren und wieder etwas aufzurichten.

Vielleicht fällt Ihnen ja diese Geschichte auch ein, wenn Sie einmal große Sorgen haben. Dann könnte das eintreffen, was ich mit diesem Brief erreichen möchte.

Der gesamte Vorstand der MIT wünscht Ihnen ein fröhliches Weihnachtfest, in dem Sie aber auch Zeit für besinnliche Gedanken finden.

Ihr

Wilfried Uhlmann